Yard Act: Where’s My Utopia?

Yard Act Credit Phoebe Fox

Frage: Wie lässig kann man sein? Yard Act: Ja!

von Sebastian Meißner

Jetzt wird die Yard Act-Rakete zünden. Jede Wette. Das Quartett aus Leeds, das elegant Postpunk mit Spoken Words-Storytelling verbindet, wird schon seit dem Debüt „The Overload“ von 2022, vor allem aber wegen seiner Live-Shows, als interessanteste Gitarrenband der Insel seit den Arctic Monkeys gehandelt. Doch der große Rummel blieb verwehrt. Das durchaus gelungene Debüt reichte eben nicht ganz an die Power der Bühnenshows heran. Das ändert sich nun mit „Wheres My Utopia?“ Das zweite Album ist an Lässigkeit, Attitüde und Kreativität ein absolutes Schwergewicht. Inhaltlich gibt der Albumtitel die Richtung vor. „Es geht um die Suche nach diesem schwer fassbaren Ort, an dem alles perfekt ist, und um die Erkenntnis, dass es ihn vielleicht nicht gibt“, beschreibt Frontmann James Smith das Konzept. Musikalisch variieren die

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insgesamt elf Stücke zwischen wütend und tanzbar, sind oft auch beides gleichzeitig.

Keine Band wie Yard Act

Yard Act Wher's My Mind Cover Island Records Universal Music

Viagra Boys, Shame, Dry Cleaning, Fontaines D.C., Squid, Parquet Courts: Die Yard Acts sind Teil einer Bewegung junger Bands mit Haltung und Spielvermögen. Keine der genannten Bands besitzt aber dieselbe Wucht wie Yard Act, die auch Anhänger der Talking Heads, Human League, Sleaford Mods, The Fall oder Ian Dury abholen. „Dream Job“ ist Dancefloor-Postpunk.

Smith sagt dazu: „Zum Teil habe ich mich selbst hinterfragt und verspottet, weil ich ein nörgelndes, undankbares kleines Gör bin, während ich gleichzeitig versucht habe, zu thematisieren, dass die Musikindustrie ein ziemlich unkontrollierbares Biest ist, das gedankenlos vorwärts stürmt und jede einzelne Person, die daran beteiligt ist, ihre Rolle spielt. Mich selbst natürlich eingeschlossen. Wie bei so ziemlich allem, was mir im letzten Jahr durch den Kopf ging, konnte ich nicht den richtigen Zeitpunkt finden, um die Komplexität der Emotionen, die ich empfand, und die Schwere, mit der ich sie empfand, zu artikulieren – oder unterzubringen, also habe ich stattdessen versucht, sie in einem Popsong einzufangen, der weniger als drei Minuten dauert, sobald sich der Nebel etwas gelichtet hat. Das ist gut und schlecht. Ich bin immer noch froh, dass alles, was mir passiert ist, passiert ist.“

Die passenden Sound-Outfits für Smiths Stories

Auch die anderen Stücke sind verarbeitete Alltagsbeobachtungen vor dem Hintergrund, dass Smith und seine Frau im letzten Jahr Eltern geworden sind. Und es ist dieses Duell zwischen Verantwortung und Ehrgeiz, Schuldgefühlen, Liebe, Tatendrang und allem, was dazwischen liegt, das das erzählerische Rückgrat von „Where’s My Utopia?“ bildet. Die Erzählungen packt die Band in dazu passende Sound-Outfits. „Petroleum“ kommt als Noise-Pop daher, „We Make Hits“ ist der beste Franz Ferdinand-Song seit zehn Jahren, „Grifter’s Grief“ verarbeitet mehr Ideen als manche auf ein ganzes Album packen.

Fast obszön

„Where’s My Utopia“ ist die endgültige Epinephrin-Spritze für ein Genre, das seit Mitte der 2010er Jahre auf der Intensivstation lag. Es ist zudem ein bemerkenswert willensstarkes, selbstbewusstes und eigenwilliges Album, dessen Coolness fast obszön ist. Banger!

„Where’s My Utopia?“ von Yard Act erscheint am 01.03.2024 bei Island / Universal Music (Beitragsbild von Phoebe Fox)

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